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.Zum Beispiel, wenn du die Postam Hauptpostamt abholtest, das wir als Adresse ange-428geben hatten, um die Verschwiegenheit des Waldhauseszu wahren, und wenn unter den Briefen aus Athen sicheinige befanden, die deinen Schuldkomplex, das Gefühl,im Exil zu sein, aufleben ließen.Alles in allem aber wares, als sei ein unerwarteter Friede an die Stelle der Wo-chen voller Hysterie getreten, die wir in Deutschland, inder Schweiz, in Frankreich vergeudet hatten, und das,was du jetzt tatest, verriet einen gesunden Menschenver-stand: für eine römische Tageszeitung schriebst du eineKolumne mit der Überschrift : Griechischer Widerstand^deine Gedichte kamen in einer zweisprachigen Ausga-be heraus, italienisch und griechisch, so daß sie auchin Griechenland gelesen werden konnten, du besorgtestStempel, um Flugblätter gegen die Junta zu improvisieren.Dies war ein genialer Einfall, denn um in Athen solcheFlugblätter herzustellen, mußte man sich an eine illegaleDruckerei wenden, und dies konnten nur die Kommu-nisten und Papandreisten sich leisten.Mit den Stempelnaber brauchte man nur noch Papier und ein paar Stem-pelkissen, um die Slogans aufzudrucken.Unter den Slo-gans war auch jener, der am Parthenon hatte stehen sol-len: Agonas kata tis tirannias Agonas dia tin elefteria;Kampf gegen die Tyrannei Kampf für die Freiheit.Duhattest hundertfünfzig Stempel anfertigen lassen, die un-gefähr so groß wie zwei Zigarettenschachteln und dar-um handlich waren, dann hattest du sie in Taschen mitdoppeltem Boden versteckt und sie nach und nach Leu-ten gegeben, die nach Athen fuhren.Drei solche Taschenhatten ihr Ziel erreicht; vier weitere warteten in dem Spie-gelschrank.Außerdem trankst du sehr wenig, bis zum429Abendessen stilltest du deinen Durst ausschließlich mitOrangensaft: im Laufe eines Monats hattest du dich nuran zwei oder drei Abenden betrunken.Und auch dannhielt sich deine Trunkenheit in Grenzen, sie erreichtenur die erste Stufe, jene, die die Tore deiner Gesprächig-keit öffnete und deinem Witz freien Lauf ließ.»Nun ja,ich bin heute abend nicht enthaltsam.Aber kannst dudir Sokrates vorstellen, wie er mit Kriton oder Phaidonoder Simmias diskutiert und nur Orangensaft trinkt ?«Das einzige, was mich beunruhigte, war eine geheimnis-volle Reise nach Schweden.»Ich muß nach Stockholm.« »Um nach Emigranten zu suchen ? !« »Nein, nein.« »Warum mußt du dann nach Stockholm ?« »Puh ! Binich denn beim Verhör ?« Aus Stockholm kamst du miteinem kleinen Paket und einem Briefumschlag zurück,beides schlossest du in eine Schreibtischschublade einund stecktest dann den Schlüssel in deine Tasche, ohnemir den Grund zu sagen.»Alekos, was hast du da ver-steckt ?« »Nichts.« »Es wird doch kein Sprengstoffsein ?« »Quatsch, Sprengstoff !« Die Sache gefiel mirnicht, und immer, wenn ich die Schublade ansah, über-kam mich Angst.Aber von bewaffnetem Widerstand re-detest du nicht mehr, und auch nicht mehr davon, daß dunach Athen zurückwolltest.Bald aber sollte ich merken,daß sowohl diese gute Laune als auch all dieser Friedenur dazu dienten, mich zu hintergehen.»Die Kunst entsteht aus der Not und geht am Reichtumzugrunde.« »Das stimmt nur manchmal, Alekos: dukannst nicht leugnen, daß die Statuen von Phidias Kunst430sind, du kannst ebensowenig leugnen, daß die Sixtini-sche Kapelle Kunst ist, und dennoch entstand weder daseine noch das andere aus der Not.Sie entstanden ausdem Reichtum.« »Halt den Schnabel.Ich spreche nichtmit dir, ich spreche mit ihm.« Wir saßen beim Abendes-sen mit dem Verleger, der deine Gedichte veröffentlichenwollte und der nach Florenz gekommen war, um uns dieKorrekturfahnen zu bringen.Ich reagierte deshalb wü-tender, als ich es getan hätte, wenn wir allein gewesenwären.»Was erlaubst du dir, du ungehobelter Mensch !« »Halt den Schnabel, sag ich dir.Was weißt denn duschon von Phidias, wo du nicht einmal durch die Naserauchen kannst ? Schauen Sie, sie atmet den Rauch nichteinmal durch die Nase ein.Was für einen Sinn hat eszu rauchen, wenn man den Rauch nicht durch die Naseeinatmet ?« »Jeder raucht auf seine Weise, ich raucheauch nicht gerne durch die Nase, und ich kann beim be-sten Willen nicht sehen, was Phidias mit dem Rauchenund mit der Nase zu tun haben soll«, sagte der Verlegerüberrascht.Wohl um meine Wut zu besänftigen, zün-dete er sich eine Zigarette an und rauchte sie nur durchden Mund.Dies bewirkte nur eine Steigerung des unge-rechten Angriffs gegen mich.»Das soll wohl ein Bünd-nis sein ? Verteidigen Sie die Schwachen, was ? Sie ist garnicht schwach, glauben Sie das nur nicht, sie ist stärkerals ich.Sie ist wie von Eisen.Auch ihr Herz ist aus Eisen !Haben Sie sie jemals weinen gesehen ?« Das war wirk-lich merkwürdig.So etwas war noch nie vorgekommen.»Und sie ist nicht nur unfähig zu rauchen, sie kann auchkein Feuerzeug bedienen.Sie läßt es mindestens drei-431ßig Sekunden offenstehen, bevor sie das Rädchen dreht,und verschwendet dadurch eine Menge Gas.Überhaupt,alles, was sie tut, tut sie stümperhaft.Wissen Sie, wiesie die Briefmarken au lebt ? Verkehrt herum, so daßsie auf dem Kopf stehen.Und wenn man sie darauf auf-merksam macht, zuckt sie mit den Achseln und sagt, essei völlig egal.Sie hat vor niemandem Respekt.Sie glaubtan nichts und an niemanden.« Ich konnte dein Verhal-ten nicht einmal auf übermäßiges Trinken zurückfüh-ren.Du hattest nur ein Glas getrunken, der Wein inter-essierte dich an diesem Abend nicht.Wir hatten auchkeine Meinungsverschiedenheiten gehabt.Im Gegen-teil, bis zu dem Augenblick, in dem du diese Bemer-kung von der Kunst gemacht hattest, die angeblich ausder Not entsteht und im Reichtum zugrunde geht, warstdu freundlich und zuvorkommend gewesen.Wurdestdu vielleicht verrückt ? Der Verleger schien sich die glei-che Frage zu stellen; aber seine Ungläubigkeit von vor-hin verwandelte sich langsam in Feindseligkeit: »Es istsicher notwendig, wie von Eisen zu sein, Alekos, wennman Ihre Überspanntheit ertragen will.Einschließlichdes Herzens.An ihrer Stelle hätte ich längst einen Herz-infarkt bekommen
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